Hier informieren wir regelmäßig mit aktuellen Presseinformationen und Meldungen über die Arbeit des BRK Kreisverbands Haßberge.

· Pressemitteilung

Bus und zwei Pkw kollidiert: Rund 30 Verletzte zu versorgen

Ein Szenario, wie es jederzeit im Landkreis vorkommen könnte: Ein Bus wird um die Mittagszeit in einen Verkehrsunfall verwickelt und kollidiert im Begegnungsverkehr mit einem Auto. Der Bus, nahezu vollbesetzt, wird schwer beschädigt und rund 30 Insassen verschiedener Altersstufen bei der Kollision zum Teil lebensgefährlich verletzt.

HASSFURT - Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr und Technischem Hilfswerk hoffen, dass sie niemals zu einem solchen Einsatz gerufen werden. Dennoch gilt es, auch auf Großschadenslagen vorbereitet zu sein. Bei einer Einsatzübung am Samstag, 26. April, wurde ein solches Szenario in Haßfurt im Gewerbegebiet „Schlettach“ geübt. Dabei stand vor allem das Zusammenwirken und die Koordination der verschiedenen Rettungskräfte und Organisationen im Blickpunkt, ebenso wie ein Blick auf die Uhr: Denn, so gut es eine Übung eben zulässt, wurde versucht, alle Maßnahmen so realistisch wie möglich zu üben und so ebenfalls den Faktor Zeit bezüglich der Dauer der durchzuführenden Maßnahmen im Blick zu haben. Rund 180 Einsatzkräfte von BRK, Feuerwehr und THW waren an der Übung beteiligt. Zudem kamen insgesamt rund 50 Einsatzfahrzeuge zum Einsatz.

Im Landkreis Haßberge besuchen täglich bis zu 13.500 Schülerinnen und Schüler die verschiedenen Schulen, viele von ihnen werden dabei mit Schulbussen zu den Bildungseinrichtungen transportiert und ebenso wieder nach Hause, sagte Daniel Schirmer, Leiter Rettungsdienst, bei der Einweisung in das Szenario unmittelbar vor dem Beginn der Übung im Beisein zahlreicher Gäste. Darunter beispielsweise Haßfurts 1. Bürgermeister Günther Werner und 2. Bürgermeister Norbert Geier, Kreisbrandrat Ralf Dressel, Kurt Etzel (stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Haßfurt), BRK-Kreisgeschäftsführerin Carina Küfner, Jonas Schierling (stellvertretender Ortsbeauftragter des THW Haßfurt) und Marcel Thein als Vertreter der Integrierten Leitstelle Schweinfurt. Es sei also nicht unrealistisch, dass es im Straßenverkehr zu einem derartigen folgenschweren Ereignis kommen könnte.

Bewusst wurde bei der Einsatzübung darauf verzichtet, Kinder als Mimen für das Szenario einzusetzen. Zum einen, um sie vor möglichen Gefahren zu schützen, andererseits um die Einsatzkräfte nicht noch mehr unter psychischen Druck zu setzen. Denn fordernd ist ein solches Ereignis für alle Beteiligten allemal - auch wenn es „nur“ eine Übung ist. Schließlich ist es, ebenso wie in der Realität, das Ziel, möglichst alle Verletzten schnellstmöglich und adäquat zu versorgen. Wenngleich es dabei zunächst darum geht, die Schwerstverletzten zu identifizieren, bei denen unmittelbare notfallmedizinische Hilfe notwendig ist, um Lebensgefahr abzuwenden.

Die Übungsleitung gemeinsam mit Christian Meisch (Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Haßfurt) und Julian Weidinger (stellvertretender Kommandant der FFW Haßfurt) sowie Wolfgang Zweverink und Lukas Krapf (Bayerisches Rotes Kreuz) hatte sich alle Mühe gegeben, die Einsatzlage äußerst realitätsnah vorzubereiten. Demnach ist es im Gewerbegebiet „Schlettach“ zur Mittagszeit auf einer Ortsverbindungsstraße zunächst zwischen zwei Pkws zu einem Frontalzusammenstoß gekommen. Ein mit drei Insassen besetztes Fahrzeug wurde dabei nach rechts in den Straßengraben geschleudert, während das zweite Fahrzeug auf der Gegenfahrbahn mit einem entgegenkommenden Schulbus kollidierte. Dabei wurde der Pkw aufgebäumt und durchbrach mit der Frontachse die Windschutzscheibe des Busses.

In dem Auto, das im Graben landete und gegen einen Wasserdurchlass prallte, kam für einen Beifahrer – dieser wurde durch einen Dummy dargestellt – jede Hilfe zu spät. Die Fahrerin und eine hinter ihr sitzende Mitfahrerin wurden im Auto eingeschlossen und schwer verletzt. Der Fahrer des mit dem Bus kollidierenden Autos befand sich alleine in seinem Fahrzeug und wurde hinter dem Steuer eingeklemmt.

Die Lage im Schulbus stellte sich nach dem Zusammenprall ebenso verheerend da: Viele der rund 25 Insassen wurden verletzt, einige von ihnen schwer, andere mittelschwer und leicht. Weitere blieben unverletzt, befanden sich aufgrund des Erlebten aber in einer psychischen Ausnahmesituation.

Um 14:30 Uhr setzte ein Verkehrsteilnehmer einen Notruf ab, so dass die Integrierte Leitstelle die ersten Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst alarmierte. Dass sich die Lage vor Ort schlimmer als zunächst angenommen darstellte, erkannten die ersten Einheiten sofort. Als erstes traf die Feuerwehr aus Prappach an der Einsatzstelle ein und forderte bei einer ersten Lagemeldung weitere Feuerwehreinheiten nach.

Auch für den Rettungsdienst bot sich schon auf den ersten Blick eine außergewöhnliche Lage, die zahlreiche weitere Rettungskräfte erforderte. So ließ die Besatzung des ersteintreffenden Rettungswagens nach einer kurzen Lageerkundung unter dem Stichwort „Massenanfall von Verletzten“ (MAN) eine entsprechende Nachalarmierung durch die Integrierte Leitstelle durchführen.

Für eine so genannte MAN-Lage, bei der eine Vielzahl von Verletzten zu versorgen ist, gibt es sowohl beim Rettungsdienst als auch bei der Feuerwehr spezielle Konzepte. Während sich die Kollegen der Feuerwehr in erster Linie um die technische Rettung von Eingeklemmten und Verletzten kümmern und später den Rettungsdienst bei der Trageunterstützung und der Betreuung von Verletzten unterstützen, sind die Teams des Rettungsdienstes darauf konzentriert, die notfallmedizinische Versorgung von Verletzten sicherzustellen.

Es gilt zunächst, die lebensgefährlich und Schwerstverletzten ausfindig zu machen, diese vor Ort zu stabilisieren und sie dann schnellstmöglich zur Weiteren Versorgung in geeignete Kliniken zu transportieren. Dabei werden Patienten in Farbkategorien eingeteilt, die auf einen Blick Auskunft über die zunächst festgestellte Schwere ihrer Verletzungen geben. „Rot“ steht für akute, vitale Bedrohung; diese Schwerstverletzten bedürfen einer sofortigen Behandlung. „Gelb“ bezeichnet Schwerverletzte, die eine zunächst aufgeschobene Behandlungsdringlichkeit haben. Und die Kategorie „Grün“ steht für Leichtverletzte, die eine spätere oder ggf. ambulante Behandlung benötigen. Entsprechend des Ampelsystems werden rot kategorisierte Verletzte priorisiert.

Doch wer entscheidet eigentlich, welcher Patient wie schwer verletzt ist? Dafür gibt es standardisierte Vorgaben, nach denen der Rettungsdienst handelt. Zunächst stellt die Besatzung des ersteintreffenden Rettungswagens die Lage vor Ort sowie die taktischen Notwendigkeiten fest, fordert weitere Kräfte und Transportkapazitäten nach. Die Besatzung des als zweites an der Einsatzstelle eintreffenden Rettungswagens beginnt mit einer so genannten „Vorsichtung“. Dabei werden alle an der Einsatzstelle befindlichen Patienten in Augenschein genommen und aufgrund der  MAN-Richtlinie einer Sichtungskategorie (rot, gelb, grün) zugeordnet. In der Folge wird diese Kategorisierung durch den ersten an der Einsatzstelle eintreffenden Notarzt überprüft, er nimmt eine ärztliche Sichtung vor.

Währenddessen läuft parallel bereits die technische Rettung von Verletzten, Unverletzte oder Leichtverletzte werden zu einem Sammelplatz abseits des akuten Geschehens gebracht und dort bis zu ihrer weiteren Versorgung von Feuerwehr und BRK betreut. Nachrückende Einheiten des Rettungsdienstes kümmern sich schließlich um die Erstversorgung der Schwerst- und Schwerverletzten und begleiten die technische Rettung medizinisch. Sobald befreit und stabilisiert werden die rot kategorisierten Patienten sofort in geeignete Kliniken transportiert.

Dies geschieht in Absprache mit der Sanitätseinsatzleitung, die aus dem Leitenden Notarzt (LNA) und dem Organisatorischen Leiter (OrgL) besteht. Sie kümmern sich gemeinsam mit der Unterstützungsgruppe „Sanitätseinsatzleitung“ (UG SanEL) um die Logistik im Hintergrund, legen fest, welche Patienten der Behandlung in einem Schockraum bedürfen, welche mit einem Rettungshubschrauber, einem Rettungswagen oder einem Krankentransportwagen transportiert werden. Parallel dazu führt die Integrierte Leitstelle (ILS) Schweinfurt eine Abfrage bei Kliniken in der Umgebung durch und ermittelt so, wie viele Patienten mit welchem Verletzungsmuster diese (gleichzeitig) aufnehmen können. Wie bei einem Uhrwerk greifen hier also verschiedene Zahnräder ineinander. Alles mit dem Ziel, Verletzte bestmöglich in kurzer Zeit zu versorgen.

Da gerade in der Anfangszeit nur begrenzte Transportmöglichkeiten des Rettungsdienstes zur Verfügung stehen, ist es umso wichtiger, alle Verletzten zu versorgen. Dazu wird in einem weiteren Einsatzabschnitt in unmittelbarer Nähe der Einsatzstelle, aber in einem ausreichend sicheren Bereich, eine sogenannte Patientenablage eingerichtet. Dorthin werden Verletzte nach der Rettung aus der akuten Gefahrenzone durch Teams des Rettungsdienstes, der Feuerwehr und des Technischen Hilfswerkes mit Tragen transportiert. 

An der Patientenablage wird nochmals eine ärztliche Sichtung durchgeführt, um mögliche Zustandsveränderungen von Verletzten zu erfassen. Sie werden dort zudem mit Verletztenanhängekarten ausgestattet, auf denen weitere Informationen erfasst werden. Sobald weitere Transportmittel zur Verfügung stehen, werden die Verletzten von der Patientenablage an Rettungsfahrzeuge übergeben und in Kliniken mit geeigneter Behandlungskapazität transportiert. 

In einem weiteren Abschnitt wird vom BRK eine sogenannte Betreuungsstelle aufgebaut. Hier werden Aufenthalts- und Ruhebereiche für Betroffene bereitgestellt, die sanitätsdienstliche Versorgung sichergestellt sowie betroffene Personen registriert und informiert. Des Weiteren sind hier Einsatzkräfte der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV) vor Ort, die sich um Betroffene kümmern, die unter dem Eindruck des Geschehens stehen und Redebedarf haben. Aufgabe der Betreuungsstelle ist es zudem, Getränke und Verpflegung je nach Bedarf auszugeben.

Abseits des unmittelbaren Geschehens wird in ausreichender Entfernung an einem geeigneten Platz ein sogenannter Bereitstellungsplatz für Rettungsfahrzeuge gebildet. In diesem Fall war das der Parkplatz am Schulzentrum. Hier warten die Rettungsfahrzeuge, bis sie von der Einsatzleitung zum Transport verletzter Patienten an den Behandlungsplatz abgerufen werden. So wird verhindert, das dutzende Einsatzfahrzeuge sich an einer engen Einsatzstelle gegenseitig blockieren.

Ähnlich wie beim Rettungsdienst werden auch durch die Feuerwehr an Einsatzstellen verschiedene Abschnitte gebildet. Bei der Großschadenslage im Hinblick auf den Verkehrsunfall gab es drei Abschnitte. Während sich Feuerwehreinheiten beim Abschnitt „Bus“ um die Befreiung eingeklemmter Personen aus dem Bus und dem Pkw kümmerten und bei der Verletztenversorgung unterstützen, sorgten andere Einheiten beim Abschnitt „Pkw“ für die Befreiung der eingeschlossenen Insassen des im Graben befindlichen Fahrzeugs. Im dritten Abschnitt unterstützten Feuerwehrleute und Helfer des THW den Rettungsdienst bei der Verletztenversorgung sowie dem Transport der Verletzten von der Schadenstelle zum Behandlungsplatz.

Der „Massenanfall von Verletzen“ ist beim Rettungsdienst durchaus kein Tagesgeschäft, wie Daniel Schirmer (Leiter Rettungsdienst beim BRK-Kreisverband Haßberge) deutlich machte. In aller Regel kümmert sich das Team eines Rettungswagens in der täglichen Notfallversorgung um je einen, manchmal zwei Patienten. Dabei ist individuelle Notfallmedizin möglich. Bei einem Massenanfall von Verletzten muss von einer solch individuellen Versorgung abgewichen werden, um möglichst viele Menschen zu retten und deren Überleben zu sichern. Für die Einsatzkräfte bedeutet eine solche Lage also auch eine Ausnahmesituation mit besonderen Herausforderungen.

Ebenso wird – nicht nur – bei solchen Großschadenslagen deutlich, wie wichtig das Zusammenspiel zwischen Haupt- und Ehrenamt ist. Ohne das Engagement unzähliger freiwilliger Helferinnen und Helfer bei Feuerwehr, THW und BRK wäre eine ausreichende Hilfe für Verletzte und Betroffene nicht zeitnah zu gewährleisten. Umso wichtiger ist es aus Sicht der Rettungs- und Hilfsorganisationen, dass sich ausreichend viele Mitbürger ehrenamtlich engagieren und so ein starker Aufwuchs an Rettungskräften lageabhängig möglich ist.

Am Ende der Übung kamen die Einsatzkräfte in der neuen Mehrzweckhalle des BRK-Kreisverbandes in der Industriestraße zusammen, wo ihnen die Verantwortlichen der Übung ihren Dank für ihren Einsatz und das professionelle Abarbeiten der Übung aussprachen. Bei einem gemeinsamen Abendessen, das die BRK-Schnelleinsatzgruppe Verpflegung der Bereitschaft Hofheim-Königsberg zubereitet hatte, ließen die Helferinnen und Helfer die Übung in gemütlicher Runde ausklingen.

Seitens der Feuerwehr waren 83 Helferinnen und Helfer im Einsatz, das THW war mit zehn Einsatzkräften vertreten. Der Rettungsdienst und ehrenamtliche Kräfte der Schnelleinsatzgruppen waren mit 86 Personen vor Ort.

Feuerwehren und THW waren mit folgenden Einheiten bei der Übung vertreten:
• FFW Haßfurt: Einsatzleitwagen, Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 20, Rüstwagen, Gerätewagen Logistik, Löschgruppenfahrzeug, Mannschaftstransportwagen
• FFW Prappach: Mannschaftstransportwagen, Tragkraftspitzenfahrzeug
• FFW Ober-/Unterhohenried: Tragkraftspitzenfahrzeug
• FFW Königsberg: Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug 10, Tragkraftspitzenfahrzeug, Mehrzweckfahrzeug
• THW Haßfurt: Fachberater, Gerätekraftwagen

Das BRK war mit folgenden Einheiten bei der Übung vertreten:
• BRK Haßberge: 3 Rettungswagen, 4 Krankentransportwagen, 2 Notarzteinsatzfahrzeuge, Einsatzleiter Rettungsdienst, Sanitätseinsatzleitung, Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung, Abschnittsleiter, Schnelleinsatzgruppe (SEG) Behandlung, SEG Betreuung, SEG Transport, SEG Technik und Sicherheit, Psychosoziale Notfallversorgung
• BRK Bamberg: 1 Rettungswagen, 1 Krankentransportwagen
• BRK Würzburg: 2 Rettungswagen, 2 Krankentransportwagen

Text & Fotos: Michael Will / BRK

Viele weitere Fotos gibt es hier: Fotos Einsatzübung