BAD KISSINGEN / HASSBERGE -- Am Sonntag, den 17. Februar 2013, veranstaltete der BRK-Bezirksverband Unterfranken seinen Festakt anlässlich des 150-jährigen Bestehens der weltweiten Organisation. Eine Delegation von Rotkreuz-Helfern aus dem Kreis Haßberge befand sich unter den Gästen.
Zu Beginn der Festveranstaltung stellte sich ein Mann mit seltsamen Worten vor: "Ich bin Henry Dunant und heute 150 Jahre alt." Damit hatte der als Begründer der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung geltende Schweizer Geschäftsmann und Humanist den Festakt im Littmann-Saal des Regentenbaus von Bad Kissingen eröffnet. Der Schauspieler Frank Smilgies alias Dunant ließ das erste Musikstück der Rotkreuz-Kapelle Bad Kissingen verklingen und fuhr mit seiner Vorstellung fort.
Während einer Geschäftsreise im Juni 1859 sei er in der Nähe der italienischen Stadt Solferino Zeuge von erschreckenden Zuständen unter Verwundeten nach kriegerischen Auseinandersetzungen geworden. Er habe über seine Erlebnisse ein Buch geschrieben, das er unter dem Titel "Eine Erinnerung an Solferino" im Jahr 1862 veröffentlicht und in Europa verteilt habe. "Damit war der Anfang gemacht", sagte "Dunant" zu den etwa 800 Gästen, die aus eigenem Erleben die Fortsetzung der Geschichte kennen. Sie alle sind heute, 150 Jahre später, Teil der großen Rotkreuz-Familie und setzen sich haupt- oder ehrenamtlich für hilfsbedürftige Menschen uneigennützig und oft unter Einsatz des eigenen Lebens ein. Und sie werden es weiterhin tun, deshalb waren sie, stellvertretend für alle anderen Mitstreiter in ihren Kreisverbänden, zu dieser Veranstaltung geladen worden.
Mit Bussen des BRK-Fahrdienstes waren die Helfer aus dem Haßbergkreis am Sonntagmorgen gemeinsam mit Kreisgeschäftsführer Dieter Greger in der Haßfurter Industriestraße gestartet. "Sie sind die Repräsentanten der Basis in den Kreisverbänden", so empfing der Sprecher die Haupt- und Ehrenamtlichen, nachdem eine lange Liste Prominenter auf Landesebene sowie zahlreicher kommunaler Führungskräfte verlesen worden war.
Die Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes Christa Prinzessin von Thurn und Taxis erinnerte daran, dass "Rotkreuz-Helfer im Einsatz ein unverzichtbarer Teil der Gesellschaft sind und von den meisten Menschen als Selbstverständlichkeit angesehen werden". Etwa 120 Tausend Menschen beteiligen sich laut Präsidentin in Bayern ehrenamtlich an der Umsetzung des Hilfsgedankens. Im Kreis Haßberge sind fast 15 000 Menschen als Aktive oder Fördermitglieder Teil der Gemeinschaft. Viele Leistungen laufen in Haßfurt bei Ingrid Bock, der Leiterin der Servicestelle Ehrenamt, zusammen.
Nicht zuletzt unter dem Blickwinkel der sich verändernden Altersstruktur in der Gesellschaft bedarf es weiterer ehrenamtlicher Helfer, insbesondere junge Menschen. Darauf wies der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann hin, der sich auch als "Rotkreuz-Minister" bezeichnete. Als großen Erfolg bezeichnete er die zu erwartende Durchsetzung der "Retterfreistellung" und einen damit verbundenen Anspruch auf Freistellung vom Arbeitsplatz sowie finanziellen Ausgleich für alle Rotkreuzler und andere Rettungsdienste. Eine große Öffentlichkeitskampagne kündigte Herrmann für die Bekanntmachung der integrierten Leitstellen und der einheitlichen Notrufnummer an. "Die 112 gilt jetzt in ganz Europa, vorwahlfrei und gebührenfrei", sagte Herrmann, das müsse schnell in die Köpfe der Menschen gelangen.
Beeindruckende Stille trat im großen Saal ein, als das Gespräch mit einer Rotkreuz-Delegierten im Sudan mittels Konferenzschaltung begann. Über ihren Einsatz in der Krisenregion für Vertriebene und Flüchtlinge berichtete die Frau und erhielt per Bildschirm die Möglichkeit, in den weit entfernten Saal zu blicken, der voll besetzt mit Gleichgesinnten war.
Daran knüpfte der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes Dr. Rudolf Seiters an. In seiner Festrede dankte er den Tausenden ehrenamtlichen Mitgliedern, die im Inland, aber auch jenseits der Grenzen tätig sind. Friedenssicherung spiele seit den Anfängen eine herausragende Rolle. Henry Dunant sei deshalb der erste Friedensnobelpreisträger der Welt. In der Zukunft komme eine neue Herausforderung auf Deutschland zu, da die Zahl notwendiger Pflegekräfte enorm steigen werde. "Das Rote Kreuz wird auch zukünftig dringend gebraucht", sagte Seiters, "besonders junge Leute". In den Haßbergen engagieren sich viele junge Menschen - ob in Wasserwacht, Mehrgenerationenhaus oder Jugendrotkreuz - sie alle gehören zu den "selbstverständlichen Helfern". Damit das so bleiben kann, dass die genannten, so wie auch die Bereitschaften, der Rettungsdienst, Hausnotruf, Krankentransport, Essen auf Rädern, Fahrdienste, Sozialstation, Migrationsberatung, Seniorengruppen oder Kindergarten, immer gut funktionieren, bedarf es weiterhin deren Einsatz.
Erfreut haben die Mitglieder der Haßberg-Delegation zur Kenntnis genommen, dass ihr Einsatz so hohe Wertschätzung erfährt.
Die Ehrenamtliche Nina Kaimowa erinnerte sich an eine Situation, als ihr Mann dringend medizinische Hilfe benötigte. "Dank BRK waren nach sieben Minuten die Helfer da", sagte sie. Als Zugewanderte fand sie die dargestellte Geschichte des BRK sehr interessant. "Ich bin beeindruckt davon, welches tiefe Vertrauen in das Rote Kreuz bei den Menschen besteht", sagte die Frau.
Lilyana Zösch, die im MGH mitarbeitet, empfand "großes Mitgefühl für die ausgezeichneten älteren Rotkreuz-Mitglieder". Ein Mann habe Tränen der Rührung in den Augen gehabt, als er vom Präsidenten die Ehrennadel erhielt, was ihr die emotionale Beteiligung anzeige.
Diethmar Morawski aus Haßfurt, der ehrenamtlich tätig ist, findet es toll, dass "Dunant vor 150 Jahren nicht aufgegeben hat". Das sei beispielgebend.
Jürgen Geisel aus Stettfeld ist Wachleiter in Ebern. Für ihn wurde während der Veranstaltung deutlich, welche Vielfalt das Rote Kreuz bietet, nicht nur national, sondern auch im internationalen Maßstab. "Da wir gerade in Ebern die neue Rettungswache und das Rotkreuzhaus aufbauen, hat mir die Veranstaltung einen erneuten Anschub für meine Motivation gegeben", sagte Geisel nach dem Festakt.
Nina Kaimowa, Lilyana Zösch,
Diethmar Morawski und Jürgen Geisel.
(Fotos: Sabine Meissner)
Ein Zusammentreffen gab es auch mit Reiner Schuster, dem dritten Bürgermeister der Kreisstadt Haßfurt. Er war Kommandant in der Freiwilligen Feuerwehr und Kreisbrandinspektor im Inspektionsbezirk III mit Verantwortung für Königsberg, Zeil und die VG Ebelsbach. Mit BRK und MGH Haßfurt verbindet ihn heute eine "enge Zusammenarbeit", betonte Schuster.