Aktionstag des BRK: Erste Hilfe ist ganz leicht. Man muss sie nur mal wieder üben, sind sich Besucher einig
HOFHEIM - „Erste Hilfe ist wichtig. Und sie kann Leben retten.“ Das sagt Stefan Helmer aus Hofheim nicht nur, weil es sich gut anhört, sondern weil er es selbst schon erlebt hat. Knapp fünf Monate ist es her, als er einem Arbeitskollegen bei einem medizinischen Notfall helfen musste. Am vergangenen Samstag besucht er zusammen mit seiner Ehefrau in Hofheim einen Stand des Roten Kreuzes, das im Rahmen des Internationalen Tages der Ersten Hilfe die Besucher der Kirchweih- und Werbewoche für dieses für jeden Einzelnen so wichtige Thema sensibilisieren will. Helmer empfiehlt jedem, sich mit den wichtigsten Maßnahmen der Ersten Hilfe vertraut zu machen.
Situationen, in denen man plötzlich Augenzeuge eines medizinischen Notfalls wird, sind nicht planbar. Sie treten von einer Sekunde auf die andere auf, plötzlich und unerwartet. Und in aller Regel sind es nicht die von vielen Menschen gefürchteten schweren Verkehrsunfälle, zu denen mal als Verkehrsteilnehmer als Ersthelfer dazu kommt. Notfälle passieren weitaus häufiger in der Freizeit, in der eigenen Familie, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz. So wie bei Stefan Helmer.
Er ist in einem Schweinfurter Logistikbetrieb gerade mit seiner täglichen Arbeit beschäftigt, als es einem Arbeitskollegen plötzlich sehr schlecht geht. Dieser klagt über Schmerzen in der Brust, Atembeschwerden, ist blass und kaltschweißig. Stefan Helmer, der als betrieblicher Ersthelfer genau für solche Situationen ausgebildet ist, muss nicht lange überlegen, weiß was zu tun ist: Er kümmert sich so gut es geht um seinen Kollegen, vermutet einen Herzinfarkt als Ursache für dessen Beschwerden. Während unter der 112 sofort ein Notruf abgesetzt und damit Rettungsdienst und Notarzt alarmiert werden, kümmert sich Helmer um den Erkrankten. Er setzt ihn hin, öffnet seine Arbeitskleidung am Oberkörper, um dem Engegefühl und der Luftnot entgegenzuwirken. Keinen Moment lässt er seinen Kollegen aus den Augen, spricht mit ihm, versucht ihn so gut es geht zu beruhigen und das Gefühl zu vermitteln, dass er nicht alleine ist und Hilfe auf dem Weg. Solange überwacht der Ersthelfer den Kreislauf und die Atmung des Mannes.
Rettungsdienst und Notarzt treffen wenige Minuten später ein, übernehmen die medizinische Versorgung. Wie sich nach einer ersten Untersuchung herausstellt, hat er tatsächlichen einen schweren Herzinfarkt erlitten. Auf dem Weg in die Klinik bleibt das Herz des Mannes stehen. Das Rettungsteam beginnt mit der Reanimation, Medikamente werden verabreicht. Es gelingt, sein Herz wieder zum Schlagen zu bringen. Im Herzkathederlabor und anschließend auf der Intensivstation wird der Patient intensivmedizinisch weiterbehandelt.
Heute geht es dem Mann wieder gut. Er hat überlebt, arbeitet wieder. „Es ist ein gutes Gefühl“, sagt Stefan Helmer, „mit Erste-Hilfe-Maßnahmen ein stückweit dazu beigetragen zu haben, dass letztendlich alles gut ausgegangen ist.“
Genau darum geht es dem Team des Roten Kreuzes vom BRK-Kreisverband Haßberge, das zusammen mit Erste-Hilfe-Ausbilderin Simone Gilley und Bernadette Philipp, Sachbearbeiterin in der Breitenausbildung, während des Aktionstages Tipps rund um die Erste Hilfe gibt: Helfen, nicht wegschauen, handeln! „Man kann bei Erster Hilfe zwar nichts falsch machen, aber zu wissen, wie es richtig geht, ist ein beruhigendes Gefühl“, sagt Simone Gilley. Gerade bei wirklich ernsten Notfällen wie Bewusstlosigkeit, Herz-Kreislauf-Stillstand, Herzinfarkt, Schlaganfall oder starken Blutungen.
Doch wie geht das nochmal mit der Wiederbelebung? Das überlegt gerade auch Nicole Albert aus Reckertshausen, die neben einem Übungsphantom am Boden kniet und eine Reanimation üben will. Erste-Hilfe-Ausbilder Günther Schleelein steht ihr zur Seite, gibt Tipps: Ansprechen, Bewusstsein und Atmung prüfen und wenn der Mensch nicht mehr atmet, sofort mit der Wiederbelebung beginnen. 30-mal den Brustkorb drücken und anschließend zweimal beatmen. Und so lange weitermachen, bis der Rettungsdienst eintrifft.
Nicole Albert legt los, kniet sich neben den Brustkorb der Puppe, legt ihre Hände übereinander, setzt sie in der Mitte des Brustkorbes auf und beginnt zu drücken. Zunächst etwas zaghaft und unsicher. „Tiefer“, sagt Günther Schleelein, „und etwas schneller.“ Denn rund 100-mal muss pro Minute auf den Brustkorb gedrückt werden und um die fünf bis sechs Zentimeter tief, damit so der Kreislauf durch die Herz-Druck-Massage manuell einigermaßen überbrückt werden kann. Frau Albert macht weiter, übt ein paar Minuten, jetzt klappt alles perfekt.
Abschließend erstmal durchschnaufen, denn so eine Reanimation ist körperlich ziemlich anstrengend. „Gut gemacht“, lobt der Fachmann des Roten Kreuzes. „Ich hätte nicht gedacht, dass man so tief drücken muss“, sagt Nicole Albert und ist froh, das wieder einmal geübt zu haben. Denn ihr letzter und einziger Erste-Hilfe-Kurs liegt bereits ein paar Tage zurück. 22 Jahre, um genau zu sein. Beim Erwerb des Führerscheins hat sie einen besucht. Eigentlich wird es mal wieder Zeit, gibt die Reckertshäuserin zu. Sie findet Aktionstage des Roten Kreuzes wie am Samstag deshalb gut und wichtig. „Da wird man wieder einmal daran erinnert, wie wichtig Erste Hilfe ist.“ Weshalb sie schon über zwei Jahrzehnte keinen Kurs mehr besucht hat? „Man weiß, dass man es wieder mal tun sollte, aber man rafft sich eben doch nicht auf. Manchmal braucht man vielleicht einen Tritt in den Hintern.“
Den benötigen Leon Werner (9. Klasse) und Jonathan Marek (8. Klasse) nicht. Die beiden Jungen engagieren sich im Schulsanitätsdienst, den es an der Mittel- und Realschule in Hofheim gibt. „Erste Hilfe macht Schule“, heißt auch das Motto des Aktionstages des BRK. „Einerseits soll damit verdeutlicht werden, dass Erste Hilfe kinderleicht ist, andererseits wollen wir auf den Schulsanitätsdienst und das Engagement von Schülern und Lehrern hinweisen“, informiert Bernadette Philipp. Insgesamt 14 Schulen im Landkreis beteiligen sich aktuell in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz am Schulsanitätsdienst.
Für Leon und Marek ist es das Interesse daran, Mitschülern und anderen Menschen helfen zu können, wenn es darauf ankommt. Deshalb sind sie Mitglied im Schulsanitätsdienst und haben dafür eine Ausbildung absolviert. „Das ist spannend“, sagt Leon. „Es ist toll zu wissen, was man tun muss, wenn jemand bei einem Notfall Hilfe braucht“, ergänzt Jonathan. Sie unterstützen das Rot-Kreuz-Team deshalb am Samstagmorgen auch eifrig beim Aktionstag, ebenso wie fünf weitere Schulsanitäter und zahlreiche ehrenamtliche Rotkreuz-Helferinnen und -Helfer.
Neben Tipps zur Ersten Hilfe können sich die Besucher einen Krankentransportwagen und dessen Ausrüstung anschauen. Sven Skaberna von der BRK-Bereitschaft Hofheim steht Besuchern Rede und Antwort. Melanie Popp von der BRK-Bereitschaft Zeil ist mit dem Team der Realistischen Unfalldarstellung vor Ort; sie schminkt Kindern und Erwachsenen täuschend echt aussehende Wunden auf Arme, Hände und ins Gesicht. Des Weiteren gibt es von Ann-Kristin Schleelein Informationen zum Hausnotruf und zur Rotkreuzdose.
Wer einen Erste-Hilfe-Kurs beim Roten Kreuz besuchen möchte, kann sich auf der Website unter www.kvhassberge.brk.de informieren. Unter der Rubrik „Kurse“ gibt es Termine und Informationen auf einen Blick. Dort kann man sich direkt auch online anmelden. Wer Interesse hat, sich ehrenamtlich beim BRK zu engagieren, wendet sich an Ingrid Böllner, Leiterin Servicestelle Ehrenamt, unter Tel. 09521/9550-228.
PM 080 / 2019. Text und Fotos: Michael Will / BRK