Hier informieren wir regelmäßig mit aktuellen Presseinformationen und Meldungen über die Arbeit des BRK Kreisverbands Haßberge.

· Pressemitteilung

Supernase als Lebensretter

Mit ihrer Supernase hat Hündin "Urgel" von der BRK-Rettungshundestaffel kürzlich bei einem Einsatz eine 80-Jährige verletzt und unterkühlt aufgefunden. Die Frau war aus einem Seniorenheim verschwunden und hilflos. Hundeführerin Brigitte Fiedler ist stolz auf ihren Vierbeiner, der als Mantrailer ein Spezialist für Personensuchen ist. (Foto: Michael Will)

Mantrailer-Hündin "Urgel" findet eine vermisste Seniorin. Brigitte Fiedler von der BRK-Rettungsundestaffel Haßberge freut sich über einen gelungenen Einsatz.

 

HASSFURT/EBERN - "Urgels" feiner Nase verdankt eine 80-Jährige vermutlich ihr Leben. Der Labrador-Mischling von der Rettungshundestaffel des BRK-Kreisverbandes Haßberge hat vor kurzem eine vermisste Frau in der Nacht aufgespürt, so dass sie vom Notarzt gerade noch rechtzeitig gerettet werden konnte.

 

Auf den Erfolg ist nicht nur Hundeführerin Brigitte Fiedler mächtig stolz. Mit ihr freuen sich weitere 19 Mitglieder der Rettungshundestaffel, die allesamt ehrenamtlich tätig sind. "Das ist ein schöner Erfolg, der das aufwändige Training rechtfertigt", sagt die Tierärztin aus Staffelbach und lobt Hündin "Urgel" mit ein paar Extra-Streicheleinheiten.

 

Es ist ein kalter Tag im Oktober, als die BRK-Rettungshundestaffel aus den Haßbergen zu einer Vermisstensuche ins rund 130 Kilometer entfernte Bad Windsheim alarmiert wird. Weil in Mittelfranken zu diesem Zeitpunkt kein Rettungshund zur Verfügung steht, muss sich Brigitte Fiedler mit ihrem speziell ausgebildeten "Mantrailer" auf den Weg machen. Seit 18.05 Uhr wird aus seinem Seniorenheim eine 80-Jährige vermisst, die an Demenz leidet. Die kurz darauf eingeleitete Suche des Personals und der Polizei bleibt erfolglos. Wegen der Dunkelheit und der niedrigen Temperaturen wird um 22.30 Uhr der vierbeinige Spezialist mit der Supernase über die Integrierte Leitstelle angefordert.

 

Knapp 80 Minuten später trifft Brigitte Fiedler mit ihrer Hündin am Seniorenheim ein. Es ist kalt und regnet. Nach wenigen Minuten ist durch die Polizei die Beschreibung der Frau übermittelt und ein Kleidungsstück dient "Urgel" dazu, den Geruch der Seniorin aufzunehmen. Der Labrador-Mischling schnuppert ein paar Sekunden daran, dann nimmt er zielstrebig eine mögliche Spur auf. An der bis zu fünf Meter langen Leine zieht er seine zweibeinige Kollegin hinter sich her, die von Helferin Diana Herz aus Neuschleichach begleitet wird.

 

Vom Seniorenheim aus läuft "Urgel" ein paar Straßen entlang, über eine Hauptstraße, durchquert eine Hecke und nimmt Kurs auf einen Tennisplatz. Im Licht der Taschenlampen erkennt Brigitte Fiedler eine Person am Boden liegen. Es ist die vermisste Frau. Hilflos, stark unterkühlt und mit einer Verletzung an der Schulter liegt die alte Dame auf dem regennassen Boden und kann sich keinen Reim darauf machen, wie sie dort hingekommen ist. Umgehend werden Rettungsdienst und Notarzt gerufen, die die Seniorin nach medizinischer Erstversorgung zur Weiterbehandlung in eine Klinik bringen. Der Einsatz ist damit abgeschlossen. Als Belohnung für den Erfolgt gibt es für "Urgel" ihr Lieblingsspielzeug und ein Stück Leberwurst. "Da steht sie total drauf", lacht Brigitte Fiedler.

 

Andere Menschen aufzuspüren, damit sie gerettet werden können, ist für "Urgel" selbstverständlich. Dabei wurde der Hund von seiner Hundeführerin selbst vor dem Tod gerettet. Als Welpe wurde sie von einer Besitzerin zu der Tierärztin gebracht; wegen einer Missbildung am Schlund sollte das Tier eingeschläfert werden. Das aber brachte Brigitte Fiedler nicht übers Herz, operierte "Urgel" auf eigene Kosten. Die Behandlung war erfolgreich, die Hündin ist wieder gesund, nunmehr vier Jahre alt und als einzige der 22 Vierbeiner der Rettungshundestaffel als Mantrailer ausgebildet. Alle anderen sind Flächensuchhunde.

 

Vor eineinhalb Jahren hat "Urgel" die Spezialausbildung mit Erfolg abgeschlossen, alle 18 Monate müssen sich die Mantrailer mit ihren Hundeführern einer neuen Prüfung stellen. Nur wer besteht, darf weiterhin als Mantrailer eingesetzt werden.

 

Die Hunde arbeiten im Gegensatz zu ihren vierbeinigen Kollegen von der Flächensuche anderes. Während diese darauf trainiert sind, hilflose Menschen innerhalb eines großen Gebietes (zum Beispiel im Wald oder in unwegsamen Gelände) aufzuspüren, sucht ein Mantrailer ausschließlich nach einem ihm zuvor vorgehaltene Geruch. So wird beispielsweise ein Kleidungsstück eines Vermissten in eine Plastiktüte gesteckt, der Hund schnuppert in der Tüte und nimmt dann die Spur, den sogenannten Individualgeruch, auf.

Dabei kommt den Spürnasen mit der kalten Schnauze zugute, dass sie den Geruch eines Gesuchten bis zu 14 Tage lang aufspüren können, unabhängig von der Witterung. "Der Hund verfolgt nicht die Trittspur eines Menschen", beschreibt Brigitte Fiedler, "er richtet sich nur nach dem Geruch." Egal, wo sich ein Mensch also aufgehalten hat, ein Mantrailer kann ihn finden. Denn jeder Mensch sondert fortwährend Gerüche ab, zum Beispiel mit der Atemluft, durch Schweiß oder durch verlorene Hautschuppen. "Allerdings erfordert das hohe Konzentration", weiß die erfahrene Hundeführerin, "und auch eine Portion Sturheit." Denn der Hund lässt sich bei seiner Suche von keinen anderen Einflüssen ablenken. So kann er zwei bis drei Stunden und über eine Strecke von rund zehn Kilometern eine Geruchsspur verfolgen.

 

Die Rettungshundestaffel
Die BRK-Rettungshundestaffel wurde im Jahr 2001 gegründet. In ihr sind derzeit 19 Hundeführer sowie eine Helferin aus den Landkreisen Haßberge und Bamberg aktiv. Sie betreuen 22 Hunde, davon sind zehn bereits geprüfte Rettungshunde, zehn sind noch in Ausbildung und zwei sind vor kurzem in "Rente" gegangen. "Urgel" ist der einzige Mantrailer, alle anderen Hunde sind sogenannte Flächensuchhunde.
Im Jahr werden die Rettungshunde-Teams durchschnittlich rund 30-mal zum Einsatz gerufen. Einsatzgebiete sind dabei Unter-, Ober- und Mittelfranken sowie der Großraum Erlangen und Nürnberg.
Die häufigsten Einsatzgründe sind etwa zur Hälfte vermisste, altersdemente Personen. Bei den restlichen Einsätzen geht es überwiegend darum, nach Verkehrsunfällen vermisste Unfallbeteiligte zu finden oder Menschen, die einen Suizid angedroht haben.

Für "Urgel" ist jeder reale Einsatz ebenso ein Spiel wie das mühevolle und aufwändige Training. Er weiß nicht, dass er mit seinem Können Menschenleben retten kann, aber er sucht mit Leidenschaft. Denn die Hündin weiß genau, wenn sie ihre Arbeit gut gemacht hat, gibt es am Ende eine Belohnung: Ihr Lieblingsspielzeug und ein leckeres Stück Leberwurst. Und dafür läuft "Urgel" kilometerweit...

 

Brigitte Fiedler (44) hat  zuvor schon bei drei Rettungseinsätzen Vermisste gefunden, allerdings mit ihrem vor kurzem in Rente gegangenen Hund "Bommel". Zur Rettungshundestaffel ist sie eher durch Zufall gekommen. Sie wollte damals mit "Bommel" privat eine Begleithundeprüfung machen und kam dabei mit Mitgliedern der Rettungshundestaffel in Kontakt. Seitdem gehört sie zum Team. "Ich war von Anfang an begeistert", strahlt die Tierärztin. "Es ist eine sinnvolle Beschäftigung, sich an der Suche nach Vermissten zu beteiligen."

 

Dass dafür eine umfangreiche Ausbildung notwendig ist, versteht sich von selbst. Bis ein Vierbeiner in der Rettungshundestaffel zu Personensuche eingesetzt werden kann, vergehen bis zu zwei Jahre. Trainiert wird zweimal in der Woche: mittwochs zwei und sonntags fünf Stunden lang.